Schlagwort: worldwork

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    Richard von Weizsäckers Rede vom 8. Mai 1985


    Sabine Bode erwähnt in ihrem Buch Die vergessene Generation. Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen lobend die Rede Richard von Weizsäckers vom 8. Mai 1985. Wie ich schon vermutet hatte, ist diese auf YouTube zu finden: Den [Text der Rede](http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Richard-von-Weizsaecker/Reden/1985/05/19850508_Rede.html) gibt es auf der Website des Bundespräsidenten. Aus dem Schluss seiner Rede: Es gibt keine endgültig errungene moralische Vollkommenheit - für niemanden und kein Land! Wir haben als Menschen gelernt, wir bleiben als Menschen gefährdet. Aber wir haben die Kraft, Gefährdungen immer von neuem zu überwinden. Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Haß zu schüren. Die Bitte an die jungen Menschen lautet: Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Haß gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß.
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    Aufgeben ist eine wichtige Konfliktlösungsstrategie


    Na, die Überschrift reizt zum Widerspruch, oder? Sie ist das Ergebnis eines längeren Prozesses, dessen einer Höhepunkt die Beschäftigung mit Martin Bubers dialogischem Prinzip beim letzten Seminar der Prozessarbeits-Ausbildung war. Der andere Höhepunkt war die gestrige systemische Aufstellung bei Katharina Burmeister. Als ich vorhin mit dem Fahrrad durch den lauen Frühlingsabend fuhr, wurden mir zwei Dinge klar: Ich will in meinem Leben Meisterschaft im Umgehen mit Konflikten erlangen Aufgeben ist eine wichtige Konfliktlösungsstrategie Was sträubt sich gegen diese zweite Aussage? Es ist das Ego, oder das Kleine Ich. Das Ego ist gar nicht bereit, Aufgeben überhaupt als Strategie zum Lösen eines Konflikts zu betrachten. Denn jedes Aufgeben ist ein verkleinertes Sterben, ein kleiner Ego-Tod. Manchmal ist allerdings Aufgeben die einzige Möglichkeit, einen Konflikt ohne Gewalt zu lösen.
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    Mitfühlen statt nach Schuld fragen


    Gestern habe ich mir den Dreiteiler Unsere Mütter, unsere Väter nebst der dazugehörigen Dokumentation angesehen. Hier der Trailer: Die im Film porträtierte Generation liegt genau zwischen der Generation meiner Eltern und meiner Großeltern. Meine Eltern waren im 2. Weltkrieg Kinder. Für mich geht es bei diesem Film nicht um historische Aufklärung im klassischen Sinn. Also nicht darum, wer hat wann was gemacht, und damit wer ist woran schuld. Wer ist Täter, wer Opfer. All diese Fragen kann man natürlich stellen, ich bezweifle zunehmend, dass sie uns zur Zeit weiterbringen. Vor allem, wo sollen wir dann aufhören? Das habe ich schon in wir sind alle ver-rückt ausgeführt. Demnach sind wir alle Täter und Opfer. Einen Kritikpunkt am Film habe ich allerdings doch, nämlich dass die polnische Untergrundarmee darin als geschlossen antisemitisch dargestellt wird.
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    Im Krieg gibt es keine Win-Win-Situationen


    Durch meine Familiengeschichte beschäftigt mich nun schon seit langem der Krieg. Jetzt erst ist mir klar geworden, dass es im Krieg keine Win-Win-Situationen gibt (und wie sich das auswirkt). Da gilt das Prinzip “er oder ich”, “die oder wir”. Es kann nur einen geben. Ein Krieg wird geführt, um ihn zu gewinnen. Dazu muss der Feind den gleichen Krieg verlieren. Anders geht es nicht, anders ergibt Krieg gar keinen Sinn. Diese Kriegslogik wirkt nun zwangsläufig nach dem Krieg noch lange weiter, denn all die Soldaten, die den Krieg überlebt haben, haben das nur, weil sie Win-Win-Situationen in ihrem Denken kategorisch ausgeschlossen haben. Wenn ich mit meinem Gewehr einem feindlichen Soldaten gegenüberstehe und mich frage, wie wir zu einer Lösung kommen können, von der wir beide etwas haben, bin ich ganz schnell tot.
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    Ich glaube, also bin ich


    Soeben habe ich ein Zitat von Ken Wilber aufgeschnappt, das einen eigenen Beitrag wert ist: Man darf auch nicht vergessen, dass Glaubenssysteme nicht bloß Überzeugungen sind: Sie sind die Heimat des Ego … Selbst holistische Auffassungen wie das Gewebe des Lebens geben immer dem Ego eine Heimat, weil Überzeugungen bloß mentale Formen sind, und wenn man das Supramentale noch nicht entdeckt hat, dann werden alle mentalen Konstruktionen zum Sitz eines hartnäckigen Ichs. Wenn man ein Glaubenssystem in Frage stellt, dann erfährt das getrennte Selbst dies als tödliche Bedrohung, und dies aktiviert sämtliche Überlebensinstinkte. Man diskutiert hier nicht bloß über die Wahrheit oder Falschheit einer Theorie, sondern man führt einen Kampf auf Leben und Tod. Wenn man so etwas versucht, treibt man sich und andere gefährlich in die Enge - Vorsicht ist also geboten.
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    Feindschaft macht dumm


    Schon in meinem Beitrag zum Charlie Hebdo-Anschlag hatte ich vor dem Teile & Herrsche-Prinzip gewarnt, das einen Keil zwischen uns Menschen treibt. Deswegen wurde mir allen Ernstes Antisemitismus vorgeworfen. Das ist natürlich allein deshalb schon absurd, weil es da weit und breit gar nicht um Juden geht. Davon abgesehen wollte ich darauf hinaus, dass es Kräfte gibt, die uns Menschen zu Feinden machen wollen. Diese Kräfte wirken in jedem einzelnen von uns und manifestieren sich in unterschiedlichster Weise. Antisemitismus ist eine Form davon und widerspricht damit völlig den Aussagen im Charlie Hebdo-Beitrag. Eine Vorstufe oder abgeschwächte Form von Feindschaft ist Konkurrenz, wie ich im Beitrag über Lernen im 21. Jahrhundert dargelegt habe. Darüber hinaus macht Feindschaft tatsächlich dumm. Damit meine ich nicht, dass die einzelnen Feinde als Menschen dümmer werden, nur weil sie sich als Feinde verhalten.
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    Der Wahnsinn des Krieges, hier und heute


    Anscheinend prägt mich mein Kriegsenkel-Dasein doch stärker als ich vermutet hatte. In den letzten Monaten, also seit dem Tod meiner Mutter, bin ich viel häufiger krank als in den Jahren davor. Dazu kommen auch immer wieder Körpersymptome, die für mich sehr fremdartig sind. In dieser Zeit habe ich auch mit meinem Wirtschaftsstudium so heftig gerungen wie nie zuvor, mit dem vorläufigen Ergebnis, es als magische Herausforderung zu betrachten. Mein Informatikstudium habe ich seinerzeit ja nach dem Vordiplom abgebrochen. Und nach der Ausbildung bin ich in der Firma nicht geblieben, sondern auf Wanderschaft gegangen. Im Interview mit Ingrid Meyer-Legrand über Kriegsenkel in der Therapie sagt diese: Viele stehen beruflich auf der Bremse und kommen einfach nicht in die Gänge. Oder fangen beruflich und privat immer wieder neu an.
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    Wachsen lassen


    Ja, ihr lest richtig, dieser Beitrag ist heute mal keine Wachstumskritik. Genauer: Er ist keine pauschale Wachstumskritik. Denn was ich z.B. über das er-wachsen werden geschrieben hatte, bezieht sich auf das natürliche Wachstum eines Lebewesens. Das ist zwar einerseits irgendwann zu Ende, bis dahin wächst das Lebewesen sehr wohl, und zwar aus seinem eigenen Impuls heraus. Wir haben uns mit unseren Wachstums_zwängen_ eine Welt geschaffen, die mit allen Mitteln diese simple Tatsache zu vertuschen sucht: Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Menschen tun das auch nicht, wenn man versucht, sie zu er-ziehen. Wobei “Erziehung” nicht in erster Linie dazu dient, dass sie schneller wachsen, sondern dass sie in eine bestimmte Richtung wachsen. Ich habe gerade The Murder of Christ von Wilhelm Reich gelesen.
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    Mich verneigen


    Beim vorletzten Seminar meiner Ausbildung bin ich über die Arbeit mit den chronischen Körpersymptomen auf die Geste gekommen, mich zu verneigen. Das gewöhne ich mir gerade an, jeweils nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen zu tun. Ich verneige mich nicht vor jemand oder etwas bestimmtem. Es geht um die Geste selbst. Sie zeigt, dass ich nicht alles allein machen muss, und dass ich nicht allein bin. In gewissem Sinne bin ich das natürlich schon. Man könnte sagen, das Kleine Ich verneigt sich vor dem Großen Ich. Mich beschäftigt gerade sehr das Thema Erbe. Wir alle sind Erben, wir alle haben ein ganz spezifisches Erbe für unser Leben in der Welt der Erscheinungen mitbekommen. Das geht weit über die Eltern und über das Materielle hinaus.
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    Kriegsenkel


    Schon wieder fließen Tränen. Ich habe gerade die Doku Wir Kriegskinder - Wie die Angst in uns weiter lebt entdeckt: Vor drei Wochen war ich in Polen unterwegs, dabei auch in der Heimat meiner Eltern, in Ostpreußen. Die Familie meiner Mutter stammt aus der Gegend von Goldap, was sehr nahe an der russischen Grenze liegt. Als ich dort abends im Hotel im Bett lag, überkam mich auf einmal körperliche Angst mit dem Gedanken “Die Russen kommen!” Das hatte ich bisher immer eher scherzhaft verwendet, so wie im Werner-Film. Seit jenem Abend ist mir klar, dass das durchaus nicht nur witzig ist. Es ist daher auch kein Wunder, dass anlässlich des Ukraine-Konflikts gerade die alten Menschen in Deutschland Angst bekommen. In Russland sieht es bestimmt ganz ähnlich aus, denn dass das Land von der NATO zunehmend umzingelt wird, finden die Russen ebenfalls gar nicht witzig.
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