_Posts

  • Veröffentlicht am

    Wirtschaftswissenschaft als magische Herausforderung


    Im Grunde schon von Beginn meines Wirtschaftswissenschafts-Studiums an, ganz besonders jetzt im dritten Semester, hadere ich mit diesem Studium und seinen Inhalten. Vor ein paar Tagen schrieb ich nun in mein rotes Buch:

    Don Juan rettet mein WiWi-Studium mit dem Satz “Ein Nagual ist jemand, der so flexibel ist, dass er alles mögliche sein könnte. Ein Nagual zu sein, bedeutet unter anderem, dass man sich nicht auf einen Standpunkt festlegt.” Das WiWi-Studium ist meine selbst gewählte magische Herausforderung, ein Glaubenssystem als Werkzeug zu benutzen, das ich von einem anderen Standpunkt aus als Bullshit bezeichne, und mir einen Schein zu erarbeiten, den ich von einem anderen Standpunkt aus als ein sinnloses Stück Papier betrachte.

    Die Sätze von Don Juan stammen aus Das Feuer von innen, das ich etliche Jahre nach den ersten paar Castaneda-Büchern erst entdeckt und gelesen hatte, passend zu dem Abstand, in dem er selbst es geschrieben hat. Es war ein totales Aha-Erlebnis, die Puzzleteile aus den ersten paar Büchern fielen auf einmal alle so zusammen, dass sie ein schlüssiges Bild ergaben.


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Wachsen lassen


    Ja, ihr lest richtig, dieser Beitrag ist heute mal keine Wachstumskritik. Genauer: Er ist keine pauschale Wachstumskritik. Denn was ich z.B. über das er-wachsen werden geschrieben hatte, bezieht sich auf das natürliche Wachstum eines Lebewesens. Das ist zwar einerseits irgendwann zu Ende, bis dahin wächst das Lebewesen sehr wohl, und zwar aus seinem eigenen Impuls heraus.
    Wir haben uns mit unseren Wachstumszwängen eine Welt geschaffen, die mit allen Mitteln diese simple Tatsache zu vertuschen sucht:

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

    Menschen tun das auch nicht, wenn man versucht, sie zu er-ziehen. Wobei “Erziehung” nicht in erster Linie dazu dient, dass sie schneller wachsen, sondern dass sie in eine bestimmte Richtung wachsen.

    Ich habe gerade The Murder of Christ von Wilhelm Reich gelesen. Erst auf den letzten paar Seiten fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen, dass unsere Kultur das natürliche, innengesteuerte Wachstum unterdrückt wo sie nur kann, und dafür auf künstliche, äußere Wachstumszwänge und -anreize setzt.


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Das Hamsterrad als mentale Infrastruktur


    Beim Mittagessen im Konzeptwerk Neue Ökonomie bekam ich den Hinweis auf Harald Welzer und dessen Konzept von Mentalen Infrastrukturen. Der Untertitel “Wie das Wachstum in die Welt und in die Seelen kam” sagt, wohin die Reise geht.
    Sein Aufsatz ist eine so hervorragende Ergänzung zu meinen Hamsterrad-Überlegungen, dass ich hier ein paar Auszüge daraus wiedergebe, zunächst aus dem Vorwort:

    Das ‪Wachstum‬ als Wille und Vorstellung herrsche nicht nur in Konzernzen­tralen, an Börsen oder in Ministerien, argumentiert der Autor, sondern auch in unseren Köpfen. Die materiellen Güter dienten längst nicht mehr alleine den elementaren Bedürfnissen wie Nahrung, Wohnen, Gesundheit, Bildung und Vitalität. Materielle Güter sagten auch etwas aus über den sozialen Status und über Beziehungen, über kulturelle Vorlieben. Tatsächlich prägen sie Zugehörigkeit und Identität. Wir kennen sie alle: die Lust nach etwas Neuem, nach steigendem Einkommen, nach Besitz, nach immer exotischeren Urlaubsreisen. Die Vorstellung vom «unendlichen Wachstum» ist seit der industriellen Revolution gleichsam in unseren emotionalen und kognitiven Haushalt eingebettet, so Welzer. Das äußert sich etwa in Karrierewünschen und Aufstiegsplänen im Job, ebenso in der Selbstfindungssuche nach dem «wahren Ich» oder einer «höheren Erkenntnisstufe». Der moderne Mensch ist der Schmied seines eigenen Glückes, er will etwas aus seinem Leben machen, und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder aufs Neue, um stetig seine Zufriedenheit zu steigern.


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Mich verneigen


    Beim vorletzten Seminar meiner Ausbildung bin ich über die Arbeit mit den chronischen Körpersymptomen auf die Geste gekommen, mich zu verneigen. Das gewöhne ich mir gerade an, jeweils nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen zu tun. Ich verneige mich nicht vor jemand oder etwas bestimmtem. Es geht um die Geste selbst. Sie zeigt, dass ich nicht alles allein machen muss, und dass ich nicht allein bin. In gewissem Sinne bin ich das natürlich schon. Man könnte sagen, das Kleine Ich verneigt sich vor dem Großen Ich.

    Mich beschäftigt gerade sehr das Thema Erbe. Wir alle sind Erben, wir alle haben ein ganz spezifisches Erbe für unser Leben in der Welt der Erscheinungen mitbekommen. Das geht weit über die Eltern und über das Materielle hinaus. Gerade mir, der ich gerne im Reich aller Möglichkeiten surfe, hilft das, mich zu konzentrieren. Mein Erbe ist das, was ich ja schon längst habe, was schon da ist. Zwar habe ich immer noch beliebige Möglichkeiten, was ich daraus mache. Es ist jedenfalls ein ganz konkreter Ausgangspunkt. Den habe ich immer wieder gerne vernachlässigt. Immerhin habe ich mich schon bei euch allen bedankt. :-)


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Opportunitätskosten zu Ende gedacht


    Im Mai hatte ich mich ja schon mit den Opportunitätskosten auseinander gesetzt, allerdings hatte ich das Konzept noch nicht bis zu Ende durchgedacht. Mit einem halben Jahr Verspätung hole ich das hiermit nach. Das Buch von Ferry Stocker habe ich mir inzwischen (gebraucht) gekauft, so dass ich nun auch darin herumkritzeln kann. Hangeln wir uns entlang seiner Definition:

    In der Ökonomie versteht man daher unter Kosten ganz allgemein den Wert jener Alternative, auf die durch die getroffene Entscheidung verzichtet werden musste, die also statt dessen hätte gewählt werden können. Stehen mehrere Alternativen zur Wahl, dann entstehen die Kosten durch den Verzicht auf jene Alternative, die den höchsten Alternativnutzen, sei es in der Konsumtion oder in der Produktion, besitzt.

    Das klingt erst mal ganz plausibel. Nun ist es aber so, dass in der Welt der Erscheinungen niemand über vollständige Information verfügt. Das heisst, die “beste” Alternative überhaupt zu ermitteln, ist mit einem Aufwand verbunden. Bei diesem Aufwand handelt es sich wiederum um – Opportunitätskosten. Denn es kann ja sein, dass ich mehr davon habe, einfach weiter zu machen wie bisher, als nach Alternativen zu suchen. Damit befinden wir uns in einem infiniten Regress, und es ist klar: Opportunitätskosten lassen sich nicht messen. Denn dazu müsste man an sich schon unendlichen Aufwand treiben, um alle möglichen Alternativen zu ermitteln, und steckt außerdem noch im besagten infiniten Regress.


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Ein Daemon, sie alle zu knechten: systemd


    Du weisst, dass mit Linux etwas grundsätzlich im Argen liegt, wenn Leute öffentlich ankündigen, Debian zu forken. Der Grund: Auch bei Debian läuft die Diskussion, auf systemd als Initsystem umzusteigen. Weshalb das keine gute Idee ist, lässt sich z.B. bei boycott systemd nachlesen. Kurz gesagt widerspricht systemd der UNIX-Philosophie. Immerhin: Debian hat noch nicht entschieden, so dass der Fork bisher nur angedroht ist.

    Systemd war auch der Grund, warum ich von Arch Linux wieder zu Gentoo gewechselt bin.

    Meine persönliche Verschwörungstheorie: Lennart Poettering steht heimlich auch auf der Gehaltsliste von Microsoft. Er tut jedenfalls alles dafür, Linux Windows anzugleichen, so dass der Wettbewerbsvorteil von Linux gegenüber Windows verschwindet.

    Um der Überschrift gerecht zu werden, verlinke ich etwas animierten Galgenhumor sowie Fefes letztes Statement zu systemd.

    Update vom 22.10.: Bei ewontfix habe ich noch einen weiteren systemd-kritischen Artikel gefunden. Und John Vincent bemerkt, dass es den systemd-Entwicklern an Empathie mangelt.


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Nach innen lauschen


    Diese oya lässt mich zur Zeit nicht mehr los. Jetzt hat die Ausgabe Entscheidungskunst. Wege aus der Demokratur zu mir gefunden. Die Geschichte, die Claus Biegert erzählt, von Dieter Halbach im Editorial wiedergegeben, hallt in mir nach:

    Er war zu Besuch bei der Irokesen-Föderation und durfte an einer ihrer Versammlungen teilnehmen. Nachdem er mit seinem Freund das traditionelle Langhaus betreten hatte, setzten sich alle schweigend. Nach geraumer Zeit standen sie wieder auf und gingen. Als Claus und sein Begleiter nach Hause kamen, fragte dessen Frau: “Und? Wie war eure Versammlung?” Der Freund antwortete: “Sehr gut!” Claus etwas erstaunt: “Wie meinst du das? Niemand hat etwas gesagt!” Der Freund erklärte: “Jeder von uns horchte in sich hinein und prüfte, ob seine Sache so wichtig sei, dass er damit den Abend eröffnen könne, oder ob er unter Umständen damit die Zeit von Wichtigerem wegnehmen würde. Da niemand das Wort ergriffen hat, scheint alles beim Besten zu sein!”


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Jedes Wachstum endet spätestens mit dem Tod


    Die Degrowth-Konferenz mit ihren Tausenden Teilnehmern und Hunderten von Veranstaltungen hatte einen blinden Fleck: Die Tatsache, die sich in der Überschrift findet. Dabei ist der Zusammenhang doch so nahe liegend. Jedes Lebewesen wächst über einen gewissen Zeitraum und stirbt irgendwann. Dann, spätestens, ist es vorbei mit dem Wachsen, dann kommt der Zerfall.
    Solange selbst wir Degrowth-Aktivisten diese unerbittliche Tatsache ausblenden, werden wir keine umfassenden Lösungen finden, wie wir ohne Wachstum wirtschaften können.

    Auf diesen Zusammenhang bin ich erst beim Lesen der oya-Ausgabe endlich leben gekommen.

    Im Rahmen des Heftes wurde dieses Gespräch aufgenommen:

    Damit schließen sich diese Überlegungen direkt an den Beitrag über Makellosigkeit an. Die Grundvoraussetzung für makelloses Handeln ist, den Tod als unabänderliche Tatsache anzuerkennen und sogar als Ratgeber für sich anzunehmen. Dazu noch mal ein Zitat von Don Juan Matus aus Reise nach Ixtlan:


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Trauma: Der Motor des Kapitalismus?


    Samstag vor einer Woche war ich mal wieder als Stellvertreter beim Aufstellungstag bei Katharina Burmeister. Dabei ergab es sich, dass ich in einer Traumaaufstellung der Überlebens-Anteil war und spürte, wie anstrengend diese Rolle ist. Man muss ständig wachsam sein und steht eigentlich dauernd unter Strom. Bei einer zweiten Trauma-Aufstellung berichtete die Stellvertreterin des Überlebensanteils auch, dass sie es sehr genoss, sich endlich mal ausruhen zu können.

    Da machte es in der Pause Klick bei mir. Der Überlebens-Anteil tut, wie sein Name schon sagt, alles für das Überleben des Menschen, dessen Teil er ist. Zu der Zeit, als die Person ihr Trauma erlebt hat, war das auch sehr sinnvoll. Nur richtet sich der Überlebensanteil eben dauerhaft als der Herr im Hause ein und tut weiter alles fürs Überleben, selbst wenn das längst wieder gesichert ist.


    Weiterlesen…
  • Veröffentlicht am

    Makellosigkeit: Es geht jetzt um Kontrolle


    Bereits am 6. August schrieb ich auf Facebook diesen Eintrag, den ich hiermit aus den Klauen des sozialen Netzwerks befreie, das sich ja im Wesentlichen als Datensenke (d.h. als informationstechnisches Schwarzes Loch) herausgestellt hat (oder habt ihr schon mal einen Facebook-Post, einen Tweet oder einen Google+-Post als Suchergebnis geliefert bekommen?):

    Grundsatzentscheidung nach einem feuchtfröhlichen Abend mit Kommilitonen zuerst im Kickers in & anschließend im StuK (Leipziger Studentenkeller e.V.):
    Ab sofort werde ich in jeder Lebenslage in der Lage sein, eine F-16 oder MiG-29 sicher zu landen. Dazu kommt es vor allem & allein darauf an, jederzeit einen klaren Geist zu haben.
    Nachdem ich 36 Jahre lang Loslassen gelernt & geübt habe, geht es für den Rest dieser Inkarnation - man höre & staune! - um Kontrolle.
    Komasaufen & Co. ist damit nicht mehr; vielleicht irgendwann in einer späteren Inkarnation.
    Bewusstsein verpflichtet!


    Weiterlesen…