Investieren in gesättigten Märkten

Beim Nachdenken über Wirtschaftswachstum bin ich heute zu der Erkenntnis gekommen, dass (in der Sprache der Saldenmechanik) in einem gesättigten Markt die Gesamtheit der Investoren eine Rendite von 0 erzielt, d.h. sie kann ihr Vermögen nicht vergrößern. Auch das ist eine saldenmechanische Binsenweisheit. Auf einem _über_sättigten Markt wird die Gesamtheit der Investoren eine negative Rendite erzielen, also Geld verlieren. Das ist nicht schlimm! Das ist ganz einfach so. Du findest es ja auch nicht schlimm, auszuatmen, nachdem du eingeatmet hast. Und wenn du dich satt gegessen hast, verdaust du dein Essen & wirst dann irgendwann wieder hungrig.

Worauf ich hinaus will: es ist ein ganz natürlicher Vorgang, dass auch Geld periodisch stirbt & damit neuem, frischem Geld Platz macht. Allerdings, solange wir (& damit meine ich hier vor allem diejenigen, die überschüssiges Geld investieren wollen) uns als vom Rest der Welt abgetrennte Wesen betrachten, die nur für sich selbst das Beste rausschlagen wollen, werden wir diese Tatsache nicht akzeptieren & statt dessen weiter kräftig am (Hamster-) Rad drehen. Anders ausgedrückt, solange “ich” um jeden Preis verhindern will, dass “mein” Vermögen schrumpft, wodurch dann unser aller Vermögen, auf unserem Heimatplaneten zu leben, aufs Spiel gesetzt wird.

Dabei ist der kapitalistische Weltmarkt längst gesättigt bzw. sogar übersättigt; jetzt ist endlich mal verdauen dran. Das will nur die große Mehrheit der Investoren nicht wahrhaben. Und ja, mir ist bewusst, dass der Reichtum der Menschheit sehr ungleichmäßig verteilt ist & es da noch sehr, sehr viel zu tun gibt. Dennoch führt uns “mehr Wachstum” nur immer weiter in die Katastrophe. Wir brauchen eine andere Weltwirtschaft, keine größere. Auf der materiellen Ebene kann diese Wirtschaft nur eine Kreislaufwirtschaft sein.

Und wir brauchen das Bewusstsein, dass wir als Menschheit den Planeten Erde so managen sollten, dass wir zuallererst das planetarische Kapital erhalten (Andreas Weber nennt es Biokapital). Wachstum in Richtung steigende Komplexität und Bewusstheit schliesst das nicht aus, es hilft sogar dabei. Wollen wir den Bankrott des Unternehmens Erde? Wohl kaum. Dabei hat Bucky Fuller schon 1968 das Operating Manual for Spaceship Earth veröffentlicht. Es wird viel zu selten gelesen, geschweige denn beherzigt.

Es kommt eben, in den Worten von Charles Eisenstein, darauf an: “Wir können uns an der bewussten, zweckmäßigen Geldvernichtung beteiligen, statt bei der unbewussten Geldvernichtung mitzumachen, die in einer kollabierenden Wirtschaft passiert.”

Danke übrigens an Robin für das Erklären des Solow-Modells!

Nachtrag vom 26.06.2016: Es gibt ein ganzes Kapitel in der Ökonomie der Verbundenheit, das sich diesem Thema widmet, Kapitel 20 Rechte Lebensführung und heiliges Investment.