Freiwilliges bedingungsloses Grundeinkommen

Der große Haken an eigentlich allen Modellen für ein bedingungsloses Grundeinkommen, die mir bisher begegnet sind, ist, dass sie alle das nötige Geld fürs BGE durch den Staat einsammeln wollen. Das heißt aber nichts anderes, als dass eine Idee, die eigentlich Freiheit für alle Menschen bedeuten soll, unter Zwang mit Hilfe des staatlichen Gewaltmonopols durchgeführt werden soll.

Diesen Widerspruch kann ich so nicht stehen lassen, weshalb ich hier zunächst das Konzept von Gerechtigkeit hinterfrage & anschließend eine Möglichkeit präsentiere, ein BGE auf freiwilliger Basis zu organisieren.

Das Motto für staatlich organisierte Umverteilung von unten nach oben heißt ja neuerdings “umfairteilen”. Da steckt das Wort “fair” drin, mithin eine wie auch immer geartete Vorstellung von Gerechtigkeit.

Deren Problematik ist folgende: Die Idee von Gerechtigkeit ist, dass es einen allgemein, d.h. für alle Menschen gültigen Maßstab gibt. Vorausgesetzt, ein solcher Maßstab existiert überhaupt, haben wir genau zwei Möglichkeiten:

  1. Alle Menschen akzeptieren den Maßstab von Gerechtigkeit und verhalten sich entsprechend. Dann ist alles super und wir brauchen uns nicht weiter damit beschäftigen
  2. Manche Menschen akzeptieren den allgemeinen Maßstab von Gerechtigkeit, andere hingegen nicht, weil sie andere Vorstellungen davon haben. Diese müssten dann “zu ihrem Glück gezwungen werden”, wenn’s sein muss mit Gewalt.

Nun könnte man einwenden, es gäbe doch noch eine dritte Möglichkeit, nämlich dass im Einzelfall die Betroffenen jeweils neu untereinander verhandeln, wie sie ihre Angelegenheiten regeln (das wäre dann Freie Kooperation). Aber: damit lässt man in der Praxis das Konzept von Gerechtigkeit als allgemeingültigem Maßstab fallen, denn was “gerecht” ist und was nicht, ist dann ja gerade Gegenstand von immer wieder neuen Verhandlungen, & diese auch noch zwischen wechselnden Menschen.

Ich halte es daher mit dem Motto des Todes aus der Scheibenwelt: Es gibt keine Gerechtigkeit. Es gibt nur mich.

Ein weiteres praktisches Problem mit dem Konzept der Gerechtigkeit ist, dass es dazu einlädt, sich für ein Opfer zu halten. Wenn es Gerechtigkeit als allgemeinen Maßstab gibt, kann ich von anderen “ungerecht behandelt werden”. Damit mache ich mich zu deren Opfer, halte mich für schwach und rufe womöglich nach Hilfe, sei es nach einem starken Mann, sei es nach dem Sozialstaat mit seiner “Umfairteilung”.

Dabei ist ja gerade der Staat eine Einrichtung, die sich über alle allgemeingültigen Maßstäbe hinwegsetzt und sozusagen Wein trinkt, während sie Wasser predigt: Der Staat erlaubt sich selbst nämlich, Gewalt gegen seine Bürger einzusetzen, während er diesen jegliche Gewaltanwendung verbietet - unter Androhung von Gewalt.

Die Leute von FreiwilligFrei sprechen daher sogar vom Stockholm-Syndrom, wenn Menschen nach dem Staat rufen, um für Gerechtigkeit zu sorgen.

Nun kommen wir endlich zum Titelthema, nämlich dem Freiwilligen Bedingungslosen Grundeinkommen (FBGE). Das habe ich im Blog von Patrick Siebert entdeckt, auf der Seite Globale Freiheit wird es ebenfalls beschrieben (die “Rechnung” bzgl. der 1000 € Grundeinkommen ist allerdings Quatsch).

Grundidee ist, dass beliebige Menschen, die sich daran beteiligen wollen, freiwillig selbst gewählte Geldbeträge in einen großen Topf schmeißen, dessen Inhalt dann auf alle, die sich dafür entscheiden, das FBGE für sich zu beanspruchen, gleichmäßig aufgeteilt wird.

Damit wird zwar aller Wahrscheinlichkeit (zunächst) das Kriterium für ein bedingungsloses Grundeinkommen “die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen” nicht vollumfänglich erfüllt. Dass auch das zweite Kriterium “einen individuellen Rechtsanspruch darstellen” nicht erfüllt wird, ist volle Absicht, denn dafür ist das Ganze dann vollkommen freiwillig, und außerdem könnten wir damit hier und jetzt sofort anfangen, ohne auf ein staatlich organisiertes BGE zu warten.

Ein möglicher und sinnvoller Rahmen für so etwas wäre eine Stiftung wie die Zukunftsstiftung soziales Leben der GLS Treuhand, die schon ein wenig in diese Richtung geht. Bei einer Stiftung stellt sich allerdings die Frage nach der zeitlichen Organisation der Geldflüsse, denn da zahlen die Leute ja nicht nur regelmäßig Beträge ein, sondern manchmal auch einzelne große Beträge, bei denen es unsinnig wäre, sie innerhalb eines Monats an alle zu verteilen. Andererseits ist mir auch noch nicht klar, wie eine solche Stiftung mit kurzfristigen Geldengpässen umgehen soll, wenn es viele Menschen gibt, an die ein FBGE ausgezahlt wird. Garantien gibt es zwar bekanntlich nicht, aber ein bißchen Verlässlichkeit wäre schon ganz schön. Vielleicht hat ja von den LeserInnen jemand eine zündende Idee?!

Update vom 03.08.: Noch bis 18.09. läuft eine Crowdfunding-Kampagne zur Verlosung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Höhe von 1.000 € monatlich für ein Jahr: Mein Grundeinkommen.