Dein Leben ist geschenkt

Ich höre immer wieder, wenn ich von einer Schenkökonomie rede, Sätze wie “Man bekommt im Leben nichts geschenkt”. Leute, denkt darüber bitte noch mal nach. Es geht ja schon damit los, dass du dein Leben geschenkt bekommst. Du musstest nichts dafür tun, hast es dir nicht verdient. Thomas D drückt das so aus:

Dein Leben ist geschenkt, hast es einfach so bekommen und wenn du’s nicht verschenkst wird es dir genommen einfach so

Eben. Das Leichenhemd hat bekanntlich keine Taschen, mitnehmen kannst du nichts Materielles in dein Grab.

Gerade die Generation der Kriegskinder hat diesen Glaubenssatz allerdings verinnerlicht. Deshalb lade ich sie, wie euch alle, ein, zu überlegen, was ihr in eurem Leben schon alles geschenkt bekommen habt. Jeder Atemzug, den ihr macht, schenkt euch Sauerstoff. Und schaut nicht nach dem, was ihr nicht geschenkt bekommen habt. Da lässt sich natürlich eine riesige Menge finden, hauptsächlich Dinge, die ihr eh nicht gebraucht habt. Mir hat auch noch nie jemand einen Ferrari geschenkt; deshalb komme ich mir trotzdem reich beschenkt vor.

Es geht hier um diesen Übergang vom Misstrauen zur Verbundenheit. Das Konzept des Eigentums blendet uns in unserer (kapitalistischen) Kultur, lässt uns in eine Schöpfertrance fallen und an den Mangel glauben; allen voran die Voluntaristen als die Eigentums-Extremisten.

Zum Schluss noch ein Ausschnitt aus dem ersten Kapitel von Ökonomie der Verbundenheit:

Wir werden als hilflose Kinder geboren, als Kreaturen, die alles brauchen und kaum etwas geben können. Und doch werden wir gefüttert, wir werden beschützt, wir werden gekleidet, gehalten und beruhigt, ohne auch nur irgendetwas dafür getan zu haben um es uns zu verdienen, und ohne irgendetwas dafür im Gegenzug anzubieten. Diese Erfahrung ist jedem, der es über seine Kindheit hinaus geschafft hat, bekannt, und sie ist eine Grundlage unserer tiefsten spirituellen Intuitionen. Unser Leben wurden uns geschenkt; deshalb ist Dankbarkeit unser Grundzustand. Das ist die Wahrheit unserer Existenz.

Auch wenn Sie eine schwierige Kindheit hatten, wenn Sie das jetzt lesen, haben Sie zumindest genug bekommen, um bis heute überlebt zu haben. In den ersten Lebensjahren haben Sie nichts davon verdient oder produziert. Es wurde Ihnen alles geschenkt. Stellen Sie sich vor, Sie gehen jetzt durch eine Tür und finden sich in einer fremden Welt wieder, in der Sie völlig hilflos sind. Sie können nicht selbständig essen oder sich anziehen, sind unfähig Ihre Gliedmaßen zu verwenden, und Sie können nicht einmal unterscheiden, wo Ihr Körper endet, und wo die Welt anfängt. Dann erscheinen riesige Wesen und halten Sie, füttern Sie, kümmern sich um Sie und lieben Sie. Wären Sie da nicht dankbar?