Alles gehört dazu

Ihr Lieben, ich sollte ja darüber schreiben, wie es mir in der ersten Woche in Berlin im Diamond Lotus ergangen ist. Das werde ich bestimmt auch noch tun. Gerade bewegt mich aber viel mehr, dass ich Karl-Heinz Rauscher entdeckt habe, der aus dem Prinzip der Einheit heraus schreibt und handelt. Ein paar Schmankerl aus seinem Vortrag:

Im Denksystem der Trennung gibt es keine Sicherheit. Wie aus dem Nichts erstehen immer neue Feinde und Bedrohungen. Das Denksystem der Trennung schafft sich die Feinde selbst, indem sie jeden und jedes als potentielle Bedrohung wahrnimmt. Die Überzeugung ist: das Böse ist in der Welt. Es tritt mir immer im Anderen gegenüber. Das Böse muß durch das Gute bekämpft werden. Das Gute ist immer in mir oder in uns. Die anderen sind die Bösen. Das Denksystem der Trennung ist ein in sich geschlossenes System, das sich immer wieder selbst bestätigt. Ich erlebe das, was ich erwarte.

Als Alternative dazu:

Das Bewußtsein der Einheit hat seinen Sitz im Herzen, über dessen elektromagnetisches Feld wir mit dem Magnetfeld der Erde und allem anderen in Verbindung stehen. Im Bewußtsein der Einheit gibt es keinen Mangel. Man trennt nicht mehr zwischen dem, was man hat und dem, was man nicht hat. Da Sie mit allem verbunden sind, haben Sie definitionsgemäß immer alles, was Sie im Moment brauchen. Das wird auch in jedem Moment der Zukunft so sein. Deshalb sind Zukunftsängste im Bewußtsein der Einheit unnötig.

Und hier wird es jetzt schwer prozessorientiert:

In jedem unliebsamen Ereignis liegt eine Chance, die Sie brauchen. Denn es bringt Ihnen etwas, was Ihnen fehlt, was Ihnen zur Ganzheit fehlt, zeigt also Ihre Verbindung zu etwas bisher Unbekanntem oder Abgelehntem. Das gilt auch für jede Krankheit und jedes Körpersymptom. In der deutschen Sprache kommt das klar zum Ausdruck. Wir fragen: Was fehlt dir? Mit dem Wissen um das Prinzip der Einheit könnte man fragen: Mit welchem Teil der Ganzheit will Sie die Krankheit in Verbindung bringen? Wen oder was möchte sie Ihnen nahebringen?

Daraus spricht die Haltung der Tiefen Demokratie, die auch die Weltarbeit prägt. Es ist eben alles ein Weltgeschehen:

Das Prinzip der Einheit zu leben heißt, sich in den Kreis zu stellen. Im „circle of all“ steht jeder mit demselben Recht. Niemand wird ab- oder aufgewertet. Jeder gehört auf dieselbe Art und Weise als Mensch dazu. Jeder gibt das, was er hat oder kann, zum Wohle aller in die Mitte.

In seinem Blog beginnt er jeden Beitrag zum Thema xy mit dem Satz “xy gehört (auch) dazu”. Genau so sieht’s aus!

Er liefert nebenbei die schlüssigste Erklärung für das, was in systemischen Aufstellungen geschehen kann, die ich bisher gelesen habe:

Unsere Herkunftsfamilie bildet eine besondere Ganzheit. Das System der Herkunftsfamilie tragen wir in uns. Wenn es ganz und vollständig ist, gibt uns die Herkunftsfamilie Kraft und Zuversicht. Wenn es Lücken gibt, weil jemand wegen seinem Schicksal ausgegrenzt oder vergessen wurde, sind wir unbewußt belastet. Denn den Drang zur Vollständigkeit und Einheit gibt es auch auf dieser Ebene. Ein unvollständiges Familiensystem versucht nämlich, an die Ausgegrenzten und Vergessenen zu erinnern, indem es bei einem Nachfahren, z. B. einem Kind oder Enkelkind dasselbe Schicksal wiederaufleben läßt. Das führt zu Schicksalswiederholungen über mehrere Generationen. In einer Familienaufstellung können Sie herausfinden, ob Sie eine übernommene Last dieser Art tragen. Die Lösung ist die Wiederherstellung der Vollständigkeit. Man gibt dem Vergessenen einen guten Platz im eigenen Herzen. Dazu muß sich die Vergangenheit nicht ändern, was sie sowieso nicht kann. Auch sonst muß sich niemand ändern. Nur Sie selbst ändern Ihre innere Einstellung. Dadurch fühlen Sie sich vollständig und verbunden. Der Spiegel der Welt zeigt Ihnen plötzlich ein ganz neues Leben.

An dieser Stelle kamen mir die Tränen:

Wenn ein Volk ein anderes überfällt, überfällt es sich selbst, wird in Zukunft selbst überfallen, schneidet sich ins eigene Fleisch, tötet seine eigenen Kinder. Die Geschichte ist voller Beispiele. Wenn man das weiß, dann wird klar, daß die bisherigen Kriege von unwissenden Menschen angezettelt wurden und daß auch jeder einzelne, der mitgemacht hat, unwissend war. Der deutsche Soldat, der auf einen Russen geschossen hat, hat auf einen Bruder geschossen.

Aufmerksam geworden auf Karl-Heinz Rauscher bin ich im Blog von Anngwyn St. Just, im Artikel End of the Trail or a New Cycle for Mankind ? Darin geht sie auf eine systemische Aufstellung mit dem Medizinrad ein, die Rauscher am 1. September 2001 angeleitet hat, also 10 Tage vor den Anschlägen auf das World Trade Center. Die Beschreibung lässt mich sprachlos und tief berührt zurück.