Nur Commonismus ist echte Sharing Economy
Mich nervt die inflationäre Verwendung des Wortes “Sharing/Teilen” für alles mögliche, was nur Kapitalismus in anderem Gewand ist. Beispiel Car"sharing": Das ist in aller Regel nur ein anderer Begriff für Autovermietung.
Denn um etwas mit anderen teilen zu können, muss es mir zuerst mal (teilweise) gehören. Wikipedia schreibt zwar “Mitglieder der Carsharing-Organisationen gehen meist eine langfristige, zum Teil kostenpflichtige Mitgliedschaft in der Organisation ein.” Diese Mitgliedschaft umfasst aber gerade nicht das Eigentum an den Fahrzeugen. Bzw. ich bin als “Mitglied” dort weder am Gewinn beteiligt, noch habe ich ein Mitspracherecht bei der Eigentümerversammlung. Das genau sind aber Kennzeichen für echte Sharing Economy oder eben Commonismus.
Wenn das an sich sinnvolle Prinzip “Nutzen statt besitzen” nun schon als Geschäftsmodell bezeichnet wird, sollte das hellhörig machen. Denn aus der Nutzer-/Konsumentenperspektive lassen sich wunderbar die Produktionsverhältnisse ausklammern, in denen die eigentliche Herrschaft und Ausbeutung stattfindet. Eine Kreislaufwirtschaft lässt sich sowohl kapitalistisch als auch commonistisch organisieren, langfristig natürlich besser commonistisch.
Als philosophisch-poetischen Hintergrund empfehle ich das Buch Sein und Teilen von Andreas Weber.
Nachtrag vom 26.11.: Die Purpose Economy rüttelt an den Eigentumsverhältnissen an Produktionsmitteln, eine sehr spannende Entwicklung.
Nachtrag vom 23.12.: Harald Welzer entlarvt schon 2015 die Mogelpackung “Sharing Economy”:
„Alles wird individualisiert und merkantilisiert“ schimpft Welzer über den „Plattformkapitalismus“. Statt einen Besucher wie früher kostenlos im freien WG-Zimmer übernachten zu lassen, wird die Bude bei Airbnb eingestellt. Statt Nachbarn Heimwerkergeräte zu borgen, werden sie im Internet gegen Gebühr angeboten. Mitmenschlichkeit bleibe auf der Strecke, genauso wie sozialversicherungspflichtige, ordentliche Arbeitsplätze, etwa in Hotels oder im Taxigewerbe.
Nachtrag vom 06.06.2021: You’ll own nothing, and you’ll be happy.