Opportunitätskosten zu Ende gedacht

Im Mai hatte ich mich ja schon mit den Opportunitätskosten auseinander gesetzt, allerdings hatte ich das Konzept noch nicht bis zu Ende durchgedacht. Mit einem halben Jahr Verspätung hole ich das hiermit nach. Das Buch von Ferry Stocker habe ich mir inzwischen (gebraucht) gekauft, so dass ich nun auch darin herumkritzeln kann. Hangeln wir uns entlang seiner Definition:

In der Ökonomie versteht man daher unter Kosten ganz allgemein den Wert jener Alternative, auf die durch die getroffene Entscheidung verzichtet werden musste, die also statt dessen hätte gewählt werden können. Stehen mehrere Alternativen zur Wahl, dann entstehen die Kosten durch den Verzicht auf jene Alternative, die den höchsten Alternativnutzen, sei es in der Konsumtion oder in der Produktion, besitzt.

Das klingt erst mal ganz plausibel. Nun ist es aber so, dass in der Welt der Erscheinungen niemand über vollständige Information verfügt. Das heisst, die “beste” Alternative überhaupt zu ermitteln, ist mit einem Aufwand verbunden. Bei diesem Aufwand handelt es sich wiederum um – Opportunitätskosten. Denn es kann ja sein, dass ich mehr davon habe, einfach weiter zu machen wie bisher, als nach Alternativen zu suchen. Damit befinden wir uns in einem infiniten Regress, und es ist klar: Opportunitätskosten lassen sich nicht messen. Denn dazu müsste man an sich schon unendlichen Aufwand treiben, um alle möglichen Alternativen zu ermitteln, und steckt außerdem noch im besagten infiniten Regress.

Damit ist das Thema noch nicht abgehakt. Nach obiger Analyse bin ich über das Wort Wahl gestolpert. Es impliziert, dass man nur aus bereits vorhandenen Alternativen (aus)wählen könne. Dabei gibt es doch auch noch die (erst recht unendlich vielen) Alternativen, die ich über die bereits vorhandenen hinaus selbst erschaffen kann, plus diejenigen, die andere erschaffen können. In den Worten von Karl-Heinz Brodbeck: „neue Spiele mit neuen Regeln“.

“Eines der tragenden Konzepte der Mikroökonomik” (Stocker), das Opportunitätskostenkonzept, ist also völlig unbrauchbar für Erkenntnisgewinne. So ein Mist aber auch!