"Here I stand" revisited

Eben fiel mir wie Schuppen von den Augen, dass auch der Text Here I stand von 2004 zu meinem Kriegsenkel-Dasein gehört, so wie das GRAUEN. Deshalb kommt er hier jetzt noch mal in herkömmlicher Schreibweise:


Here I stand

Das geht mir bis heute ab. Kann mich nicht hinstellen & einfach voll da sein, mit beiden Füssen fest auf der Erde. Kann nicht sagen “Hier stehe ich”, weil’s nicht stimmt. Weil ich eben NICHT vollständig hier stehe. Stattdessen bleibe ich ein Gespenst, das durch mein Leben spukt & mich dabei selber in Angst & Schrecken versetzt. Ich kann nicht sagen “Hier stehe ich – bedingungslos”, weil ich glaube für diesen Flecken Erde Miete zahlen zu müssen. & wenn ich damit in Verzug gerate, lande ich auf der Strasse, werde ins nächste Flugzeug gesteckt & nach Belutschistan abgeschoben. In so einer – vermeintlich – prekären Lage ist Überleben das höchste der Gefühle, mir selber was Gutes zu tun ein viel zu hohes Risiko. Wenn das mein Bewährungshelfer mitkriegt!!

Rise Up – daran ist schon gar nicht zu denken. “Familie” gerät im Kapitalismus immer mehr zum Arbeitsverhältnis, mit den Eltern als Kapitalisten & ihren Kindern als den lohnabhängigen Arbeitern. Kein Kapitalist nimmt auch nur einen einzigen Arbeiter bedingungslos an – sie sind ihm Menschenmaterial, jeweils gerade so viel wert wie sie leisten. Derart auf Leistung konditionierte Kinder empfinden den Arbeitsplatzverlust als direkt existenzbedrohend, weil sie nach ihrer Kindheitserfahrung damit die Berechtigung zu existieren verlieren. Wer dagegen aufbegehrt, Ist unwiderbringlich verloren.

⇒ “Das hammer uns verdieeent!” !!!! “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen” PCM: Urschuld


Aus heutiger Perspektive kann ich ergänzen bzw. korrigieren: Wenn ich mit der “Miete” in Verzug gerate, werde ich, wenn ich Glück habe, mit gerade so viel wie ich tragen kann, aus meinem Land geschmissen, oder gleich von der Roten Armee erschossen. Das ist das, was da im Feld so lange immer noch wirkte & erst jetzt langsam an Kraft verliert – in dem Maße, wie die alten Sachen endlich ans Licht kommen.

Ebenfalls hier rein gehört das Gefühl, das sich über viele Jahre durch mein Leben zog: the best things in life aren’t for me. Das Gefühl der Leere, gerade auch als Fixierung aufs Essen.

Wow, echt krass, wie das auf einmal alles Sinn ergibt.