Warum Filter das Internet kaputt machen #Artikel13

Heute ist ein guter Anlass, den alten Beitrag Das Internet, eine Kopiermaschine in Erinnerung zu rufen, denn morgen stimmt das EU-Parlament über die umstrittene Urheberrechtsreform ab.

Das Wesen des Internet ist das Kopieren von Inhalten.

Das ist schon von Anfang an so. Kris nennt als Beispiel E-Mail:

Unsere Netze sind Kopiermaschinen. Wir sagen wir ‘senden eine Nachricht’, aber das Wort ist falsch. ‘Senden’ impliziert, daß die Nachricht sich bewegt und für den “Ab”-Sender nicht mehr da ist. Das ist in der realen Welt so, aber nicht im Netz: Wir kopieren eine Nachricht an die Empfänger.

Verhindern wir mittels Filter das Kopieren bestimmter Inhalte, dann machen wir also unweigerlich das Internet kaputt.

Damit bleibt natürlich die Frage bestehen, wie kommen die Schöpfer von (digitalen) Inhalten zu einer angemessenen Vergütung ihrer Arbeit? Dieser Frage bin ich schon im Beitrag Urheber sind Schöpfer nachgegangen, und es gibt etliche verschiedene Modelle, wie das in Zeiten des Internet gehen könnte.

Diesen Modellen ist allerdings gemein, dass weder die alteingesessenen Verwerter noch die großen Plattformen dabei so viel Geld einnehmen wie bisher. Aus gutem Grund war ich deshalb mit dem Spruch

Mehr Geld für Kreative statt für Verwerter + Plattformen

auf der Demo unterwegs. Die eigentlichen Urheber werden nämlich wie üblich von den Verwertern alten wie neuen Typs nur vor den Karren gespannt, während sie lediglich ein paar Brosamen hingeworfen bekommen.

Sascha Lobo bringt das so auf den Punkt:

Diese Urheberrechtsreform ist eine Reform von Verwertern für Verwerter. Wir werden mit Brosamen, falschen Versprechungen und einer Familienpackung Unverschämtheiten abgespeist und hängen in der Folge noch stärker von der Gnade der Verwerter ab.

Jens Scholz haut in seinem Beitrag Die haben das Internet nicht verstanden? Ich denke, doch. in die gleiche Kerbe:

Es geht um die Festlegung eines Status Quo. Einer Konstruktion wie Medien- und Contentdistribution funktioniert, die nun auch im Netz gelten soll, nämlich dass Nutzer nie Urheber sondern immer Konsumenten sind und man nur Urheber ist, wenn man einen Verlag hat. Plattformen sollen Verlegern also keine Konkurrenz machen. Letzteres ist wichtig, da Plattformen mit der Verbreitung von Nutzerinhalten quasi wie Verleger agieren und Nutzer damit de facto auch zu Urhebern machen.

Und er weist darauf hin, dass mit diesem Gegensatz von alteingesessenen Verwertern (und damit Geschäftsmodellen) und den neuen Plattformen und ihren Nutzern auch ein Generationenkonflikt einhergeht:

Aber, und das haben Leute wie Voss übersehen und deswegen ist der Protest so groß: Das betrifft eben nicht nur die Plattformen, sondern auch ganz massiv die Nutzerinnen, die die Plattformen inzwischen schon lange nutzen, um so selbst Urheberinnen zu sein, ohne von Gatekeeper-Verlagen abhängig zu sein. Das ist, was “die nicht verstanden haben”. Und auch die junge Generation, die für die Medienstruktur auf die Straße geht, hat das nicht verstanden weil für sie die “alte” Struktur fast ebenso gar nicht existiert, wie für die Verteidiger der alten Gatekeeping-Struktur die “neue”.

Dass aus einer Urheberrechts-Infrastruktur ganz schnell ein Zensurheberrecht werden kann, zeigt aktuell das Beispiel von FragDenStaat, denen die Bundesregierung das Veröffentlichen eines Gutachtens zu Glyphosat verbieten will, weil dieses urheberrechtlich geschützt sei.

Ach, und die Mitgliedsorganisationen der Initiative Urheberrecht sollten sich doch noch mal gut überlegen, ob sie dieser Initiative weiter angehören wollen

Nachtrag: Der einzige mir bekannte Verlag, der sich entschieden gegen die Reform ausspricht, ist der heise Verlag. Vom Newsticker desselben lasse ich noch Hal Faber zu Wort kommen:

Denn es ist der Passus über die Verwaltungsgesellschaften wie der deutschen VG Wort, der die ganze Misere illustriert und erklärt, warum die bei Verlagen festangestellten Journalisten samt und sonders durchdrehen und gleich vom “Uploadfilter im Kopf der Kapitalismuskritiker” faseln (Frankfurter Allgemeine Zeitung). “Die Mitgliedstaaten sollten gemäß ihren nationalen Regelungen frei festlegen können, wie Verlage ihre Ansprüche auf eine Ausgleichsleistung oder Vergütung zu begründen haben, sowie die Bedingungen für die Aufteilung dieser Vergütung oder Ausgleichsleistung zwischen Urhebern und Verlagen.” An erster Stelle stehen hier die Verlage und ihre Ansprüche, im Nebensatz erst kommt die Ausgleichsleistung zwischen den Verlagen und den Urhebern. Das gibt zu denken.