Gemeinschafts-Unternehmen

Je länger ich mich nun sowohl mit Gemeinschaften als auch mit Wirtschaftsunternehmen beschäftige, um so deutlicher merke ich, dass beide unheimlich viel voneinander lernen können. Schliesslich ist jedes Unternehmen, das grösser ist als eine 1-Personen-Butze, immer auch eine Gemeinschaft. & eine Gemeinschaft, die längerfristig bestehen will, muss auch als wirtschaftliches Unternehmen erfolgreich sein. Das Know-How, das Menschen in Gemeinschaften sich erarbeiten, ist auch für gewinnorientierte Unternehmen sehr nützlich. Umgekehrt lassen sich viele Methoden aus dem Management in Gemeinschaften einsetzen.

Ein wichtiges Verbindungsglied der beiden - vermeintlich so weit auseinanderliegenden - Welten ist für mich Wolfgang Bergers Business Reframing.

Worum es Berger geht, fasst folgendes Zitat gut zusammen: Reframing bezeichnet die Umgestaltung der Funktionsweisen eines Systems, die Änderung seines inneren Schaltplans, seiner inneren Landkarte, seine Anpassung an neue Gesetze, die Erhaltung seiner Lebensfähigkeit auf einer höheren Evolutionsstufe. Human Reframing hebt das Denken des einzelnen auf eine höhere Ebene; es ist evolutionäre Sozialisation. Business Reframing hebt das Denken in Unternehmen auf eine höhere Ebene; es ist evolutionäre Kooperation. Um Kooperation dreht sich in Unternehmen & in Gemeinschaften alles; ohne Kooperation fallen sie mittel- bis langfristig auseinander. Damit kommen wir nebenbei bemerkt wieder zu der Frage, wie sich Bewusstseine synchronisieren lassen.

Wenn er schreibt Unternehmerisches Blühen und Gedeihen entspringt nicht aus wirtschaftlichem Wachstum, sondern aus menschlichem Wachstum. Die einzige Aufgabe der Unternehmen ist es, Menschen Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung zu verschaffen. dann entspricht das weitgehend den Zielen & Wünschen vieler Gemeinschaften, die alternative Lebens- & Wirtschaftsweisen praktisch erproben wollen. Das Konsensprinzip ist ein konkretes Beispiel dafür:

In grundsätzlichen Dingen sind Mehrheitsentscheidungen verboten; sie führen dazu, dass die unterlegene Minderheit nach Rache sinnt und die Gruppe sprengt. Entscheidungen müssen einmütig sein, damit jeder sich mit ihnen identifiziert und ihnen dadurch zum Erfolg verhilft. […] Hat nur ein einziger in der Gruppe Zweifel, kann es sein, dass sein Urteil das richtige ist.

Business Reframing dreht die Kausalität um:

Nicht Ursachen produzieren Wirkungen, sondern Wirkungen ziehen die Ursachen an, die sie zu ihrer Verwirklichung brauchen. Die drei “Attraktoren” einer solchen Umpolung der Kausalität sind:

  1. Verantwortung
    Das ist die Fähigkeit, Anforderungen und Herausforderungen anzunehmen. “Ver-antwort-ung” heißt, dass wir die Antwort finden müssen, die das Leben stellt. Es ist keine moralische Last, sondern eine Folge von Freiheit und Integrität.
  2. Achtung
    Achtung entsteht, wenn wir uns selbst und andere jenseits aller Urteile und Vorurteile neu sehen. “Achtung” (Acht geben) umfasst aufmerksames Sehen. Niemand muss sich Achtung verdienen, jedem soll sie ohne Vorbedingung geschenkt werden.
  3. Anerkennung
    Anerkennung ist eine menschliche Qualität, durch die der “Wert” eines anderen Menschen erkannt wird - nicht nur der Wert dessen, der er ist, sondern auch der Wert seines Potenzials - also des Menschen, der er werden kann. Es ist eine notwendige Grundlage für Enthusiasmus und Selbstbewusstsein, und damit für Außergewöhnlichkeit.

Das ist nicht weniger als die Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben von Menschen. Dieser Abschnitt könnte genausogut auf Gemeinschaften gemünzt sein, dafür braucht kein einziges Wort geändert werden.

Ich schliesse mit Bergers Ausführung zu Beziehungen:

Eine Beziehung zu einem Menschen haben heißt, ihn ohne irgendeine Bedingung akzeptieren, wie er ist, und als mir gleichwertig anerkennen. […] Wenn wir um diese Gleichwertigkeit bei jedem Menschen wissen, steht uns ein ganzer Himmel voller Möglichkeiten offen. Jeder, dem wir so entgegentreten, wird unsere Offenheit als offene Tür erkennen, als Einladung zum Eintreten.