Ich habe nichts zu verbergen

Dieser Satz wird zur Zeit, angesichts der Enthüllungen von Edward Snowden, von vielen Menschen entweder im Brustton der Überzeugung ausgesprochen oder aber als vermeintlich haltlos und naiv zerpflückt.

Ich meine ihn völlig ernst und stehe dazu. Warum?

Nun, vor wem oder was sollte ich denn letzten Endes etwas verbergen können, wo die Welt doch 1 ist? Was im Bereich von Geheimdiensten und Überwachung passiert, gehört zu dem umfassenden Paradigmenwechsel, der gerade ringsum stattfindet. Nur solange wir der Illusion anhängen, von allem abgetrennte Einzelwesen zu sein, ist so etwas wie Privatsphäre oder Geheimnisse überhaupt denkbar.

Auch die Geheimdienstkrise ist also letztlich eine Krise des Bewusstseins. Wobei “Krise” hier die ursprüngliche Bedeutung des Wortes meint: Ein Wendepunkt. Es geht weiter, und mit den Worten von Rainer von Vielen: Es gibt kein Zurück!

Update vom 12.07.: Timothy Leary hat das seinerzeit schon angesichts der Watergate-Affäre sehr deutlich formuliert:

We operate on the assumption that everyone knows everything, anyway. There is nothing and no way to hide. This is the acid message. We’re all on cosmic TV every moment. We all play starring roles in the galactic broadcast, This is Your Life. I remember the early days of neurological uncovering, desperately wondering where I could go to escape. Run home, hide under the bed, in the closet, in the bathroom? No way. The relentless camera “I” follows me everywhere. We can only keep secrets from ourselves.

(Timothy Leary on the Culture of Secrecy)