Geldschöpfung als Quantenfluktuation

Heute fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass die Geldschöpfung aus dem Nichts (die genau genommen _Kredit_schöpfung aus dem Nichts ist) ein Hinweis auf die Wirklichkeit ist. Sie entspricht nämlich exakt dem, was in der Physik als Quantenfluktuation bekannt ist. Schulden und Guthaben entsprechen somit Teilchen und Antiteilchen, die spontan entstehen und, wenn sie erneut aufeinander treffen, wieder ins Nichts verschwinden. Im Gegensatz zu den (Anti-) Teilchen entstehen Schulden und Guthaben allerdings bewusst geplant.

Weiter gedacht heißt das, dass alle Finanzkrisen letzten Endes auf zwei konkurrierenden Vorstellungen beruhen:

  1. Der Vorstellung, Geld müsse einen inhärenten, eigenen Wert haben
  2. Der Vorstellung, dass Geld keinen inhärenten Wert hat, sondern lediglich ein Ordnungsprinzip ist

Solange sich alle über Variante a einig sind, gibt es kein Problem außer dem der Verteilung (das stellt sich immer). Aber früher oder später werden schlaue Füchse auf die Idee kommen, zu “betrügen” und Geld zu “fälschen”. Historisch haben das z.B. die viel gescholtenen Goldschmiede gemacht, oder auch die Herrscher mit der Münzentwertung. Diese Leute operieren also heimlich schon mit Variante b und verdienen sich daran goldene Nasen.

Als dauerhafte Lösung kommt “Geld mit einem inhärenten Wert” daher nicht in Frage.

Bleibt nur, dass wir uns alle auf Variante b einigen. An sich klappt das seit 1971 schon relativ gut, problematisch ist nur, dass immer wenn so genannte “Blasen” platzen (Patrick Siebert legt sehr schön dar, dass es so etwas nur in der Vorstellung von Leuten, die Geld für Variante a halten, gibt), die Verfechter eines inhärenten Geldwertes auf den Plan treten und manchmal auch die Oberhand gewinnen. Das gilt vor allem natürlich für die “Gold bugs”, über die sich schon 1869 Benjamin Butler im US-Repräsentantenhaus vernichtend geäußert hat.

Halten wir also mit Renée Menéndez fest: Das Geldsystem braucht keinen Wert, sondern Bonität.

Was mir an der ganzen Überlegung besonders gefällt, ist, dass ich zwischenzeitlich ernsthaft darüber nachgedacht habe, von Wirtschaftswissenschaften auf Mathematik oder theoretische Physik umzusatteln, & sich das jetzt miteinander verbindet. Ich werde also weiter WiWi studieren. :)

Übrigens bin ich nicht der erste, der diese Disziplinen kombiniert, Dieter Braun hat mit Robert Fischer bereits im Jahr 2002 ein Paper über Bookkeeping Mechanics geschrieben, das viel technischer ist als meine höchst allgemeine Überlegung hier. Überhaupt kann ich die Texte der Woche der NewMoney-Mailingliste nur wärmstens empfehlen, da sind einige Schätze zu heben.

Und in Sachen Physik gibt es ein paar geniale Konzepte und bahnbrechende Entwicklungen. Bei allen dreht es sich darum, dass Raum & Zeit keine eigenständigen Phänomene sind, sondern aus dem Prozess des Seins bzw. Werdens erst hervorgehen.

Die Schleifenquantengravitation ist eine erstaunlich nahe physikalische Entsprechung zur buddhistischen Vorstellung von Indras Netz (vielleicht hat jemand von euch Zeit & Lust, den Wikipedia-Artikel mal ins Deutsche zu übersetzen?). Und so richtig abgefahren ist das Amplituhedron, eine geometrische Struktur, die letztes Jahr erst entdeckt wurde und, wenn ihr mich fragt, aus allen Poren nach Nobelpreis riecht. Zwei schöne Artikel dazu sind A Jewel at the Heart of Quantum Physics und How to Feel About Space and Time Maybe Not Existing. Im deutschsprachigen Raum scheint das Ganze noch kaum angekommen zu sein.

Zum Abschluss noch ein Zen-Spruch:

Alles hängt von Bedingungen ab, und keine Selbstheit wohnt den Dingen inne.