Tagung "Profit & Spiritualität - Ein Widerspruch!?"

Die Tagung des Calumed e.V. in den Räumen der Berliner Werkstatt der Kulturen zeigte, dass Spiritualität durchaus nicht reaktionär in der Wirkung sein muss. Dieser Eindruck könnte angesichts meiner Beiträge von Burg Lutter entstanden sein. Dem ist jedoch definitiv nicht so. Ich wohne zur Zeit bei Freunden des ZEGG-Twenprojekts in Berlin. Morgens in der U-Bahn wurde ich von zwei Musikern begrüsst, die coole Sachen spielten:

Die Tagung Profit & Spiritualität behandle ich in Reihe der Vorträge (von denen übrigens 2 von 6 ausfielen) & der anschliessenden Podiumsdiskussion. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf journalistische Qualität; es sind persönlich gefärbte Mitschriften.

Die Dogmen der Globalisierung & ihre Folgen

Peter Schoenhoeffer (Missio-Diözesanreferent Bistum Mainz)

Der Referent ist u.a. tätig bei Kairos Europa, einer kirchennahen Organisation, die sich mit den Folgen der Globalisierung beschäftigt.

Peter Schoenhoeffer begann seinen Vortrag mit einer Reihe von Definitionen von Globalisierung:

  • naive Definition: “Wir leben auf einem immer enger verflochtenen Planeten” (Waren- & Kapitalströme, Verkehr, Datennetze, Umweltveränderungen, Kunst & Literatur)
  • “Kompression von Raum & Zeit”
  • Percy Barnevik (Ex-ABB-Chef): “Ich würde Globalisierung als die Freiheit für meine Gruppe von Unternehmen definieren, zu investieren, wo und wann sie will, zu produzieren, was sie will, zu kaufen und zu verkaufen,wo sie will, und die möglichst geringsten Restriktionen zu unterstützen,die aus Arbeitsgesetzen und sozialen Übereinkünften resultieren” (zit. Im TAGESANZEIGER, 15.1.2001)

Als empirische Quellen, welche Auswirkungen die wirtschaftliche Globalisierung tatsächlich hat, empfiehlt Schoenhoeffer den Atlas der Globalisierung von Le Monde diplomatique sowie den Social Watch Report. Die wirtschaftliche & soziale Ungleichheit weltweit stellt die Champagnerglas-Kurve bildlich dar: Distribution of World GDP 1989

Ähnlich sehen die Verteilungen innerhalb der einzelnen Staaten aus, wobei die Schere zwischen Arm & Reich in Russland am weitesten auseinanderklafft. Statistiken zur Armuts- & Reichtumsverteilung bieten auch Learn-Line NRW sowie Joachim Jahnke.

Als nächstes kritisierte der Referent Stiftungen wie das Open Society Institute von George Soros, die Gates-Foundation & Co. als undemokratische Machtfaktoren, die das Dogma der neoliberalen Globalisierung weiter verbreiten. Die Soros-Stiftung ist in dieser Mission vor allem in Osteuropa mit riesigem Kapital unterwegs. Mich wundert, dass er die Bertelsmann-Stiftung gar nicht erwähnt hat, da diese vor allem die deutsche Politik massgeblich beeinflusst. So stützen sich viele Bundesländer bei der Einführung von Studiengebühren auf das Bertelsmann-nahe Centrum für Hochschulentwicklung.

Peter Schoenhoeffer empfiehlt weitere Lektüre: Das Jahrbuch Gerechtigkeit (von kirchlichen Einrichtungen) mit dem treffenden Untertitel “Öffentliche Armut & privater Reichtum”, sowie von Michel Chossudovsky: Global brutal.

Zu den Institutionen der Globalisierung nannte er zunächst den Internationalen Währungsfonds (IWF). Dessen Grundlage für Strukturanpassungsprogramme bei Finanzkrisen armer Länder ist der Washington Consensus, ein durch & durch neoliberales Programm. Seit einigen Jahren wird allerdings auch beim IWF auf Partizipation der Menschen vor Ort Wert gelegt.

Die Welthandelsorganisation (WTO) ist die einzige supranationale Institution, die wirksame Sanktionen verhängen kann. Dies sollte im - dank Protesten von GlobalisierungskritikerInnen gescheiterten - Multilateralen Investitionsabkommen (MAI) sogar so weit gehen, dass Konzerne Staaten verklagen können (das erinnert mich fatal an den Konzerngerichtshof des Rollenspiels Shadowrun). In den Verhandlungsregeln der WTO ist ein fortschreitendes Liberalisierungsprinzip festgeschrieben, d.h. Interessenkonflikten der Verhandlungspartner müssen dergestalt gelöst werden, dass insgesamt Handelsschranken abgebaut & weiter liberalisiert wird. Damit fordert die WTO gleiches Recht für höchst ungleiche Partner. Dazu kommt noch, dass Importbeschränkungen seitens der Industrieländer von dieser Regel faktisch ausgenommen sind. Wie ging das doch in Orwells Farm der Tiere: “Alle Tiere sind gleich. Aber einige Tiere sind gleicher als die anderen.” Das wichtigste Prinzip der Liberalisierung, das schon im 1947 abgeschlossenen GATT-Vertrag festgeschrieben war, ist das Moft Favoured Nation Treatment. Es besagt, dass Akteure aus allen Staaten genauso behandeln werden müssen wie die bisher am meisten bevorzugten (most favoured nations). In der Regel sind das inländische Personen & Unternehmen. Die Folge davon ist, dass Regierungen weitestgehend ihren Einfluss über wirtschaftliche Entscheidungen verlieren. Im Rahmen des Handels- & Dienstleistungsabkommens GATS, das die Privatisierung von Bildung, Gesundheitsversorgung, Wasser usw. fordert, werden Menschenrechte zu Handelsgütern bzw. Dienstleistungen.

Um mal einen Eindruck davon zu bekommen, wie ungleich die Verhandlungspositionen bei der WTO sind: ca. 20 hochbezahlten ExpertInnen der EU bzw. der USA pro Arbeitsgruppe stehen insgesamt drei VertreterInnen von Bangladesch gegenüber. Selbstredend gibt es deutlich mehr als drei Arbeitsgruppen, so dass Bangladeschs Interessen allein deshalb nicht in allen Bereichen überhaupt vertreten werden können (geschweige denn gewahrt!).

Mit dem letzten Punkt des Vortrags, den Auswirkungen der Globalisierung auf Sozialisation & Psyche der Menschen, schlug Peter Schoenhoeffer endlich den Bogen zur Spiritualität: 20% der Haushalte in D haben überhaupt kein Vermögen sondern sind verschuldet!! Diese Menschen können eindeutig zu den Verlierern der Globalisierung gerechnet werden. & auch wer ein einigermassen gutes Einkommen hat & über ein gewisses Vermögen als Altersvorsorge verfügt, kann das alles in kurzer Zeit verlieren. Diese (schrumpfende!) Mittelklasse geniesst somit zeitweilig die Vorzüge der Globalisierung, ist jedoch dauernd von sozialem Abstieg bedroht & lebt damit in einer prekären Situation. Nur die wirklich Reichen & Superreichen profitieren von der konzerngesteuerten Globalisierung. Sie sitzen in Vorständen & Aufsichtsräten, parken ihre Vermögen in Steueroasen in den Alpen, der Karibik oder der Südsee & beeinflussen durch Lobbyarbeit die Politik in ihrem Sinne.

Psychologisch bedeutet das: Wer nur seine Arbeitskraft verkaufen kann, gehört eindeutig zu den Verlierern. Das äussert sich in Druck & einem nervösen Grundgefühl (Schoenhoeffer bezieht sich hier auf Georg Simmel) durch Arbeitsverdichtung & Angst vor Arbeitsplatzverlust. Diese Unsicherheit verhindert einen solidarischen Einsatz für soziale Gerechtigkeit!! Notwendig ist daher, eines Umfeld aufzubauen, das einen mitträgt - aber nicht hinreichend! Die grösste Gefahr dabei ist spiritueller Narzissmus, wie Schoenhoeffer es nennt. Auf der anderen Seite stehen ausgebrannte politische KämpferInnen, denen es an spiritueller Erdung fehlt. Auch hier findet sich also wieder wie im ZEGG der Aufruf: Verbindet Spiritualität & politisches Engagement miteinander, denn sie brauchen einander! Als gutes Beispiel nennt er die Initiative Aufbruch - anders besser leben. Auf meiner Reise will ich ja sowieso auch Aufbruch-Gruppen besuchen, es hat sich bisher allerdings noch nicht ergeben.

Als mein eigenes Schlusswort zu diesem Vortrag zitiere ich Pierre-Joseph Proudhon: Eigentum ist Diebstahl!

Die Banken & die Verpflichtung des Eigentums

Christoph Lützel (GLS Gemeinschaftsbank)

ausgefallen wegen Verpeiltheit des Redners

Zins & neue Armut

Elisabeth Paskuy (Volkswirtin, Attac)

Zu Beginn stellte die Rednerin allgemein fest, dass die Weltökonomie ungerechter ist als alle Nationalstaaten, weil es keine für alle verbindlichen Regeln gibt, sondern nur Verträge, die eingehalten werden können oder auch nicht.

Paskuys Spiritualität speist sich aus dem Satz “Ich leide mit, weil ich mit allen Menschen verbunden bin”. Diese Haltung führt zu praktischer Solidarität mit den vom System Benachteiligten.

Als Beispiel für die Wirkung des Zins führt sie den berühmt-berüchtigten Josephspfennig an. Mir ist dabei natürlich gleich Eine Billion Dollar eingefallen, wo Andreas Eschbach aus dem Zinseszinseffekt einen ganzen Roman gemacht hat.

Weil “Entwicklungshilfe”-Kredite meist über einen sehr langen Zeitraum vereinbart werden & ausserdem der Zinssatz bei bis zu 50% liegt (!!), stecken die Länder des Trikont in der Schuldenfalle: um ihre Kredite zurückzahlen zu können, müssen sie Rohstoffe exportieren. Das allein reicht aber bei den stark gesunkenen Weltmarktpreisen meist nicht, & Investitionsgüter für höherwertige Produkte gibt es nur teuer bei den Industrieländern zu kaufen. Dafür müssen sich die Trikontländer dann zusätzlich verschulden. Inzwischen reicht es gerade mal noch für die jährlichen Zinszahlungen, an Tilgung ist gar nicht mehr zu denken. Dazu zwei Zahlen: Der Grundbedarf an Nahrung, Gesundheitsversorgung, Wohnung & Bildung im Trikontbeträgt jährlich etwa 80 Mrd. $. Der Schuldendienst (also Zinszahlungen & Tilgung) beläuft sich auf 300 Mrd. $ pro Jahr! Eine Entschuldung ist unvermeidbar, & damit sie sozial verträglich über die Bühne geht, müsste sie als Insolvenzverfahren ablaufen. Pläne dafür gibt es seit längerem, siehe auch bei der Erklärung von Bern.

Elisabeth Paskuy empfiehlt auch ein Buch zum Thema: Joseph Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Dem möchte ich noch die Confessions of an Economic Hitman hinzufügen - in dem Buch plaudert einer der Macher der Globalisierung aus dem Nähkästchen. Da ist nichts mit freien Märkten, wir haben es hier mit reiner Machtpolitik zu tun.

Dass Fairer Handel gar nicht teuer sein muss, belegt Paskuy mit zwei Zahlen: unsere Lebenskosten würden um einen einstelligen Prozentbetrag steigen. Bei Kleidung, die in Sweatshops hergestellt wird, liegt der Lohnanteil bei 1,5%; dem stehen Bruttogewinne von bis zu 79% gegenüber!

In einem Exkurs zur Staatsverschuldung legte die Referentin dar, dass insgesamt nur die Reichsten von der Staatsverschuldung profitieren, während die breite Masse draufzahlt. Denn per saldo kann der Staat ja nur tilgen mit Steuereinnahmen. & die holt er sich mehrheitlich bei der arbeitenden Bevölkerung. Als eine Möglichkeit, die Staatsverschuldung loszuwerden, ist die Initiative Taxos entstanden mit einer pfiffigen Idee: Parallel zum momentan einzigen Zahlungsmittel Euro gibt der Staat Steuergutschriften aus, mit denen er Dienstleistungen von Privaten bezahlt. Dadurch stehen mehr Euro für die Tilgung der Staatsverschuldung zur Verfügung. Elisabeth Paskuy scheint diese Initiative noch nicht zu kennen, ich werde sie noch darauf aufmerksam machen.

Mehr krasse Zahlen gefällig? Die Privatvermögen in Deutschland wachsen pro Tag um 600 Millionen Euro! Ein Gegenstück dazu ist die Schuldenuhr beim Bund der Steuerzahler… Im untersten Drittel der Einkommen hat es in Deutschland Lohnsenkungen bis zu 20% gegeben!

Als weitere Lektüre empfiehlt Elisabeth Paskuy die Bücher von George Soros. Der ist selber durch Finanzspekulationen zu einem der reichsten Menschen des Planeten geworden & schreibt nun Bücher, warum der globalisierte Kapitalismus so böse ist. Jedenfalls weiss er wovon er schreibt.

Die Finanzinstitute haben sich nun ein weiteres Mittel ausgedacht, das kleine & mittlere Unternehmen schwächt & die Grosskonzerne bevorzugt: das Basel II-Rating. Unternehmen, die sich diesem teuren (7500 EUR pro Tag) Herumschnüffeln im Unternehmen durch eine der grossen Ratingagenturen sparen, werden es in Zukunft wesentlich schwerer haben, an Bankkredite zu kommen. Schätzungsweise 30% der Insolvenzen in Deutschland gehen aufs Konto der Banken. Denn pleite ist ein Unternehmen, wenn es nicht mehr zahlen kann - & zahlen kann es dann nicht mehr, wenn die Bank keinen weiteren Kredit mehr gewährt oder sogar Rückzahlungen einfordert, die das Unternehmen aus Barmitteln nicht leisten kann. Wann die Bank das tut, hat oft wenig mit den wirtschaftlichen Kennzahlen der Unternehmens zu tun, sondern ist (Macht-) Politik.

Nun aber wieder zurück zum Thema des Vortrags, dem Zins.

Die grösste Subvention im Steuersystem ist die, dass Zinsen als Kosten verbucht werden!

Da gibt es ja diese Masche, dass ein Konzern eine Briefkastenfirma auf den Seychellen oder in einer beliebigen anderen Steueroase gründet, diese Firma kauft ein Gebäude & vermietet es dann an den Konzern. In der Konzernbilanz taucht das als Kosten auf & wirkt deshalb steuermindernd.

Dem möchte ich noch hinzufügen, dass der Hauptgrund für soziale Ungerechtigkeit ist, dass Löhne & Gehälter als Kosten verbucht werden. Insgesamt gilt: Wir bilanzieren falsch!

Die Verflechtung der Unternehmen in Deutschland ist so stark, dass sich der Verflechtungs_grad_ mathematisch gar nicht mehr ausrechnen lässt (mathematischer Grund: weil die Matrizen nicht genügend Freiheitsgrade aufweisen)!

Der homo oeconomicus - eine anthropologische Sackgasse?

Dr. phil. B. Strohschein (Calumed e.V.)

Angesichts von Katastrophen aller Art fragen sich Menschen: Warum sind wir auf der Welt? Daraus entstehen Welt- & Menschenbilder, & um die ging es im Vortrag von Frau Strohschein.

Ihre erste & zentrale Aussage: Menschenbilder sind handlungsleitend & welt-bildend.

Die Geschichte des Begriffs homo oeconomicus beleuchtete sie in sieben Thesen:

  1. Ein Begriff, der das kapitalistische System anthropologisch legitimiert (Thomas Hobbes: Nutzenmaximierung (Utilitarismus))
  2. Begriffe entstehen aus dem Zeitgeist, & sie prägen Geschichte. Der Begriff Ökonomie taucht zuerst im 16. Jahrhundert auf als Kunst des Haushaltens (vgl. griechisch oikos). In dieser Zeit wandelt sich das Denken der Menschen vom gott- bzw. allgemein autoritäts-bestimmten Schicksal zum rationalen Handeln. homo oeconomicus - das Menschenbild für Kapitalisten (setzt Macht voraus, eigenmächtig handeln zu können)
  3. Das Kapital schafft den homo oeconomicus, der homo oeconomicus schafft das Kapital. Zwar hat eine Studie von Armin Falk am Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der ETH Zürich ergeben, dass sich im Laborexperiment die Menschen als homo reciprocans verhalten & nicht ihren Nutzen zu maximieren versuchen. Strohschein misstraut jedoch der Laborumgebung & geht davon aus, dass in “freier Wildbahn” das Resultat anders ausgefallen wäre. Ihre These: Wer über (viel) Kapital/Macht verfügt, verhält sich tatsächlich als homo oeconomicus, die soziale Anerkennung (als psychische Rückkopplung) wird unwichtig.
  4. Der Mensch ist mehr als nur das Eine. homo sapiens, homo oeconomicus, homo ludens (Schiller) usw. beschreiben jeweils nur einen Ausschnitt des MenschSeins.
  5. Umbruchszeiten sind Zeiten der Herausforderung für Neudefinitionen. (siehe Goldseiten-Buch Umbruch)
  6. Der Mensch sucht jeher nach einer Wertschätzung seiner selbst. Wenn Menschen sich selbst nicht gefühlsmässig bejahen (=lieben), dann zerstören sie sich selbst. Der Selbstwert des homo oeconomicus basiert auf Bereicherung (im Rahmen der Gesetze). Kein Gegenüber/keine Grenze schränkt ihn in seinem Handeln ein (wiederum bis auf die Staatsgewalt), ausser in Revolutionszeiten die empörten Massen. Dieser Selbstwert ist prekär: Macht & Reichtum sind verlierbar.
  7. Selbstwert durch Transzendenz: Geborgenheit jenseits von Besitz & Macht. Beispiel Benedikt von Nursia. Oder auch Buddha & Co.

Spirituell wirtschaften? Ein Erfahrungsbericht

Hans Jecklin (Unternehmer, Schweiz)

Der Schweizer Unternehmer Hans Jecklin hat 40 Jahre lang das Musikhaus Jecklin in Zürich geführt, ist Mitbegründer des Netzwerks für sozial verantwortliche Wirtschaft, arbeitet als freier Mitarbeiter am Lassalle-Institut & hat mit Martina Köhler zusammen das Forum für Integrale Wirtschaft ins Leben gerufen.

Seinen Vortrag leitet er mit dem bekannten Zitat von Albert Einstein ein: “Die Probleme, die es in der Welt gibt, können nicht mit den gleichen Denkweisen gelöst werden, die sie erzeugt haben.” (übrigens sagte Einstein diesen Satz 1929 anlässlich der Wirtschaftskrise!)

staun: Ein Unternehmer spricht über seine tiefe Liebe zu allem was ist! Diese tiefe Liebe ist die erste Voraussetzung, um mit dem jetzigen Zustand der Erde umgehen zu können. Niemand ist böse, sondern wir haben es immer zu tun mit Menschen mit beschränkter Erkenntnis. Als Beispiel nennt Hans Jecklin Israel/Palästina: Die Menschen dort sind blind geworden aus Verletzung & Angst. Diese Dinge sind lösbar, bloss erkennen die Betroffenen das vor lauter Angst & Verletzung nicht.

Jecklin wertet Versorgung mit materiellen Gütern, Bildung, Gesundheit usw. nicht unterschiedlich; alles sind wichtige Dienste, die die Starken den Schwachen schuldig sind. Was er dann sagte, hat mich umgehauen:

Die Existenzberechtigung eines Unternehmens ist der Dienst, den es der Gesellschaft leistet.

Die Grundlage des Wirtschaftens nennt er “Hausfrauenlogik”, also dass langfristig nicht mehr ausgegeben werden kann als eingenommen wird. Die Sinngebung ist entscheidend für ein Unternehmen. An dieser Stelle kam mir sofort das Business Reframing von Wolfgang Berger in den Sinn.

Hans Jecklins (Erfolgs-) Prinzip im Unternehmen ist Sog statt Druck.

Am Ende seines Lebens möchte Hans Jecklin zufrieden zurückblicken können & möglichst wenig bereuen. Daraus ergibt sich für ihn die Folgerung, das auch allen anderen, insbesondere den Mitarbeitern zugestehen. Das eigenen Leben sinnvoll empfinden erzeugt Enthusiasmus (etymologisch “Gottesbegeisterung”). Das Handeln des Unternehmens wird deshalb immer wieder auf Sinnhaftigkeit hinterfragt. Einmal hat er sogar eine Visionsfindung mit allen 180 MitarbeiterInnen zusammen veranstaltet!!!!!

Kreativität liegt in der Spannung zwischen dem inneren Bild & dem Ist-Zustand.

Sehr begeistert hat ihn die Kreisform (bei chinesischem Tao-Lehrer im Kreis gesessen). Dazu passt wunderbar der Circle Way des von manchen als Plastikschamane titulierten Manitonquat. Zitat eines Mitarbeiters zur Kreisform: “Ja das ist ja super, dann sitzt ja nicht mehr du im Zentrum sondern die Sache!” Organigramme werden im Unternehmen seither nicht mehr mit Kästchen, sondern mit Kreisen gezeichnet: Abteilungsleiter als “Coaches” ihrer Abteilungen, die wiederum Teil eines Kreises der Abteilungsleiter sind. Dreieck von unten: persönliche Integrität - Beziehungen - Ziele.

Antrieb des Unternehmens ist nicht Angst, sondern Freude.

Hans Jecklin hat die Paradigmenumkehr von der Knappheit zur Fülle vollzogen!!!

Er empfahl uns schliesslich noch das Buch von Michael Braungart: Einfach intelligent produzieren. Eine Idee daraus ist: Warum kaufen wir Autos? Warum kaufen wir nicht 100.000 km Fahrt inklusive des dazu benötigten Treibstoffs? Dann würden die Autohersteller selber den Treibstoffverbrauch senken!

“Tue Gutes & verdiene daran”

Alexis Passadakis (Attac)

ausgefallen wegen Krankheit des Redners

Podiumsdiskussion

Frage nach Integrität: Es geht heute in unseren Breiten nicht mehr ums Überleben (vgl. Götz Werner: Selbstversorgermentalität). Aber: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. In Urgesellschaften waren gemeinschaftliche Regeln überlebenswichtig, d.h. die Moral war notwendig, um genug zu fressen zu bekommen! Die Unfähigkeit zu Integrität hängt mit Unfähigkeit zu Empathie zusammen.

Eine Führungskraft, die nicht in der Lage ist, den Mitarbeitern die Angst zu nehmen, ist nicht in der Lage zu führen.

Elisabeth Paskuy ist Anhängerin der Sozialen Marktwirtschaft, die sie als Marktwirtschaft mit minimalem Kapitalismus versteht.

Journalismus hat - wie das Kapital - kein Gegenüber, keine Kontrollinstanz!

Profit - verstanden als Ausbeutung anderer - widerspricht der Spiritualität. Gemeinsam Gewinn erwirtschaften geht jedoch wunderbar mit ihr zusammen. Beispiel für gemeinsames Gewinn erwirtschaften: Mikrokredite.

Meine Frage: Inwieweit steht die herrschende Ordnung einer globalen sozialen Gerechtigkeit im Wege? wurde nicht beantwortet. War den RednerInnen wohl zu heiss. Worum es mir dabei geht: Kann ein globaler Wandel “sanft” gelingen, durch evolutionäre Veränderung an vielen Stellen? Oder ist doch wieder mal eine Revolution vonnöten, diesmal gewaltfrei & dennoch machtvoll, als solidarischer Zusammenschluss vieler Menschen? Wie wird die geballte politische, Militär- & Wirtschaftsmacht reagieren, wenn ihre Regeln in grossem Stil in Frage gestellt werden?


Die Klavierimprovisationen von Ralf Kleveman nähren während der ganzen Tagung als Ergänzung zu so viel geistiger Nahrung die Seele.